Derek Kremer.
Ein Ausnahmekünstler zwischen Dada, Post-Surrealismus und Minimal Art
Derek Kremer (Stuttgart 1942–2014 Allgäu) steht mit seinem heterogenen und umfangreichen Œuvre exemplarisch für die Entwicklung der Kunst nach 1945 in Deutschland.
Kremer absolvierte nach seiner humanistischen Schulausbildung eine Steinbildhauerlehre in Rottenburg am Neckar und bewarb sich anschließend an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Sein Kunststudium begann Derek Kremer 1964 bei dem Bildhauer Prof. Rudolf Hoflehner (1916–1995), der vor allem durch seine monumentalen Stahlplastiken in den 1950er- und 1960er-Jahren Aufmerksamkeit erhielt. 1965 wechselte er in die Klasse von Prof. Rudolf Daudert (1903–1988) und nahm zeitgleich am Unterricht des frisch berufenen Malerei-Professors K. R. H. Sonderborg (1923–2008) teil. Nach ersten Bildhauerei-Arbeiten, die insbesondere das Spektrum zwischen Figuration und Abstraktion ausloten, wandte er sich verstärkt der Malerei zu und experimentierte mit tachistischen Kompositionen, in denen er Bildraum, Farbe und Form untersuchte.
Nach dem kurzen Intermezzo an der Akademie in Karlsruhe folgte Derek Kremer 1968 wie so viele andere Kunststudierende dem Ruf von Joseph Beuys (1921–1986) nach Düsseldorf und wurde Teil der Beuysschen Klasse. Bis 1970 studierte er neben seinen Künstlerfreunden wie unter anderem Katharina Sieverding (*1941) und Imi Knoebel (*1940), mit denen ihn zeitlebens eine enge Freundschaft verband, im legendären Raum 20 an der Düsseldorfer Kunstakademie. In dieser Zeit konnte er nicht zuletzt aufgrund der offenen Praxis von Beuys sein eigenes künstlerisches Spektrum erweitern und neu denken. Zum einen entstanden in den ausgehenden 1970er-Jahren konzeptuelle Installationen, gleichzeitig arbeitete Kremer weiter an seinen Malereien, die stärker altmeisterliche Maltechniken mit post-surrealen und apokalyptischen Motiven verbinden.
In Öl und Eitempera auf Holz entwickelte er eine sehr eigenständige Bildsprache, die eindrücklich Realität und Fiktion zwischen Traum und Alptraum in offenen Landschaften thematisiert und dabei Bezug nimmt auf gesellschaftliche Umbrüche und Zäsuren wie die Studentenrevolution und den Vietnam-Krieg. Dabei spielen ikonographische Referenzen eine zentrale Rolle: Tiere, Mensch-Tier-Mischwesen symbolisieren in den starkfarbigen und altmeisterlich fein gemalten – beinahe an Miniaturen erinnernden – Gemälden Transformationen von Geist und Gesellschaft.
In den folgenden Jahrzehnten bis zu seinem frühen Tod widmete sich Derek Kremer dem Zusammenspiel von Figuration und Abstraktion – in Objekten, Stahl- und Holzskulpturen, Gemälden, Arbeiten auf Papier, und Installationen sowie in Ready Mades untersuchte er dabei das Verhältnis von Mensch und Welt. Form, Farbe und Linie dienen Kremer der ironischen, bissigen und vor allem humorvollen Kommentierung gesellschaftlicher Missstände und politischer Strömungen. Er verstand sich selbst als Künstler, der nicht fernab des Weltgeschehens agierte, sondern in engem Austausch mit diesem. Seine Werke sind Reflexionen, Kommentar und Kritik gleichermaßen – auf einer Metaebene und als Statement.